Es ist wichtig die Rolle des Polizeikontaktes von der Versammlungsleitung (und diese wiederum von unserer Protestmarschleitung) zu unterscheiden. Typischerweise wollen wir für unsere Protestmärsche die Rolle der Protestmarschleitung und des Polizeikontaktes verteilen, aber keine Versammlungsleitung benennen. Deshalb ist es wichtig, dass der Mensch in der Rolle des Polizeikontaktes darauf achtet, von der Polizei nicht als Versammlungsleitung wahrgenommen zu werden.
In Ausnahmefällen kann der Polizeikontakt oder eine andere Person die Versammlungsleitung übernehmen. Es handelt sich dabei jedoch wirklich um Ausnahmefälle und entspricht nicht der grundsätzlichen Strategie der Letzten Generation.
Die Polizei wird versuchen, jemanden als Versammlungsleiter*in oder Veranstalter*in der Versammlung zu identifizieren (dies wird meist die erste Frage sein, die du von der Polizei hörst). Als Versammlungsleiter*in bist du mit einer ganzen Reihe möglicher Straftatbestände konfrontiert (zur Beruhigung: 95% der Ermittlungsverfahren gegen Polizeikontakte verlaufen im Sande). Wir raten dir darum ausdrücklich, die Rolle der Versammlungsleitung nicht anzunehmen und auch Tätigkeiten zu vermeiden, die als Indizien für eine Versammlungsleitung ausgelegt werden können (Don‘ts):
● Dies kann z. B. eine zu hohe Unabhängigkeit bei der Verhandlungsführung sein oder der Anschein, dass du per Mic Check oder Megaphon den Teilnehmer*innen Anweisungen gibst oder sie deine Aussagen wiederholen lässt. Nutze (auch für die Weitergabe von Anfragen der Polizei) den Weg über die Protestmarschleitung.
● Halte keine Banner
● Beteilige dich während des Protestmarsches / bei der abschließenden Kundgebung nicht mit Redebeiträgen (insbesondere nicht als Moderator*in / mit dem eröffnenden Redebeitrag)
● Sei nicht die Person, die die Versammlung (am Ende der Kundgebung) auflöst
Was du hingegen tun solltest – Dos:
● Sprich ausschließlich mit der Einsatzleitung der Polizei:
Sollte deine Ansprechperson bei der Polizei eine Weste tragen mit der Aufschrift “Ansprechperson Versammlungsleitung”, bestehe auf eine andere Ansprechperson oder erwirke von dieser Person die Zusage, dass du nicht als Versammlungsleitung eingestuft wirst.
● Sei deutlich sichtbar als Polizeikontakt gekennzeichnet (zB durch Aufschrift auf Weste): Für die Bezeichnung "Polizeikontakt" sollte keine Schrift verwendet werden, die der offiziellen Polizei-Schrift ähnelt, damit dich niemand für eine*n Polizist*in hält.
● Stelle dich mit Namen (Vornamen / voller Namen) vor.
Wenn du dazu aufgefordert wirst, gib deine Personalien an die Polizei (entspricht allgemeiner LG-Strategie)
● Stelle ausdrücklich klar, dass du nicht die Funktion der Versammlungsleitung innehast, sondern dass die Veranstaltung keine*n Versammlungsleiter*in hat und du lediglich anbietest, als Teil des Kommunikationskanals zwischen den Teilnehmer*innen und der Polizei zu dienen. (Falls es keine Kenntnis bei der Polizei über deine Rolle gibt: kurze Vorstellung der Rolle des Polizeikontakts – mehr in Kapitel Kontaktaufnahme). Mache klar, dass du diese Funktion nicht wahrnehmen kannst, wenn deine Rolle seitens der Polizei als Versammlungsleitung interpretiert wird.
● Erkläre, wie der Protestmarsch nach Deiner Kenntnis ablaufen soll und erwähne kurz was die Hintergründe des Protests der Letzten Generation sind
“Nach meiner Kenntnis wird der Protestmarsch…”
● Stelle klar, dass du in keiner Weise den Verlauf der Versammlung bestimmst.
Das Leiten einer nicht-angemeldeten Versammlung kann in den meisten Bundesländern zu einer Strafanzeige nach VersG § 26 Abs. 1 S. 2 des Versammlungsgesetzes führen. Wir raten davon ab, sich auf Anfrage der Polizei im Nachhinein als Versammlungsleiter*in für eine bereits laufende Aktion zur Verfügung zu stellen. Versammlungsleiter*innen müssen ihre Personalien angeben. Es gibt keine Garantie dafür, dass die Polizei nicht im Nachhinein ein Ermittlungsverfahren gegen dich eingeleiten wird, weil deine Bereitschaft dich als nachträgliche Versammlungsleitung zu stellen, als Indiz herangezogen wird, dass du von Anfang an die Versammlungsleiter*in warst.